Barockgarten Großsedlitz

Gartenlust und Schlösserpracht damals wie heute

      Mit einem Fest „zu privatem Vergnügen“ des Reichsgrafen Wackerbarth zelebrierten die Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gGmbH (SBG) im Juli des vergangenen Jahres den Abschluss der jahrelangen Sanierungsarbeiten am Barockgarten Großsedlitz. Wackerbarth alias SBG hatte Gäste und Besucher in Staffage mit Historiendarstellern zur barocken Tafel gebeten. Soldaten aus Polen hier in Uniformen sächsischer Gardisten flankierten malerisch die Szene, mit der den Besuchern die Festkultur des 18. Jahrhunderts nahe gebracht wurde. Sicher um ein Vielfaches lustvoll-prächtiger war das ‚Stiftungsfest des Polnischen Weißen Adlerordens‘ ausgefallen, das August der Starke (1694-1733) an eben selben Ort am 3. August 1727 – seinem Namenstag - veranstaltet hatte. Höhepunkt damals war das Preisschießen der Ordensritter des Weißen Adlers im Parterre der Unteren Orangerie; als Zielscheiben dienten bemalte Tafeln an der Rückwand des Bassins ‚Stille Wasser‘, Wassergräben begrenzten die Schießbahn – wie es im Park bis heute zu erkennen ist. Als äußeres Band der sächsisch-polnischen Union hatte August die uralte polnische Auszeichnung ‚Orden Weißer Adler‘ 1705 wiederbelebt und zu seinem Hausorden erhoben.
      In Großsedlitz verwirklichte August seinen Traum vom ‚Sächsischen Versailles‘. Vollendet, gemessen am Vorbild, hat er ihn nicht.

Ursprung Sedlitz
     Die Anfänge der Siedlungen auf den Erhebungen vor Pirna gehen auf slawische Zeiten des 6. Jahrhunderts als Gau Nisane zurück. Die Weiler (Sedlica) unter verschiedener Herrschaft, geraten ab 1408 dauerhaft unter die Herrschaft der meißnischen Markgrafen. Unter den Dorfnamen taucht 1454 ‚Großen Czedelitz’ auf. Reichsgraf August Christoph Graf von Wackerbarth (1662-1734) erwarb dort 1719 das wenige Jahre zuvor abgebrannte ‚Ritter Guth Seedlitz‘ mitsamt Dorf, Ländereien und Wald. Am Hof in höchste Ämter und zu großem Einfluss gekommen gedachte der Reichsgraf auf Sedlitz einen, seinem hohen Rang gemäßen, Ruhesitz sich zu schaffen. Mit seinen Möglichkeiten und Einfluss als Generalintendant des Bauwesens in Sachsen und Polen schaffte er Planung und Bauen eines dreiflügeligen Schlosses samt großer Orangerie – Pomeranzen-Mania war damals Status - und Garten in italienisch-französisch-barockem Stil, in der kurzen Zeit bis 1723.
Höhenflug
      August, sein König, fand wohl Gefallen an den Gartenideen eines seines engsten Vertrauten Wackerbarth. Und so kaufte er ihm – der sich mit Kosten und Aufwand für den eben erst fertigen Landsitz wohl übernommen hatte – das ganze Besitztum für 100 000 Taler ab. Mit Kennerschaft sah August, dass die Wackerbarth‘sche Gartenanlage seinen hochfliegenden Vorstellungen keineswegs genügte, erkannte, dass dessen bescheidener Schlossbau durch einen neuen repräsentativen ersetzt werden müsse auf einer neu orientierten Hauptachse des Ensembles. Um diese herum in axialer Symmetrie sich die gärtnerischen Anlagen entwickeln ließen in französischer Manier der Parterres und Bosketten, Kaskaden und Wasserspiel, Spielfelder und Pavillons. Ein Generalplan von 1727 in Handschrift des Franzosen Zacharias Longuelune zeigt bis dahin schon Gestaltetes – die östlich und mittig liegenden Gartenteile – und was noch kommen sollte zur Vollendung der Symmetrie. Für den Schlossbau rief der König gleich drei Architekten, Johann Christof Knöffel, Zacharias Longuelune, Matthäus Pöppelmann zu einem Entwurfswettbewerb. Er gab ihnen seine „fixe Idee“ vor von einem Schlosstyphus den es im Barock nicht gab: ein Palais kastellartig, zentralsymmetrisch, mächtig. Sinnfällig hätten dessen vier Fassaden den totalitären Anspruch des Souveräns in alle Himmelsrichtungen gewiesen.
      Doch Augusts Machtzenit war überschritten. Zur Realisierung des Schloss-Neubaus kam es nicht. Für dessen südliche Fassade hätte die Wackerbarth‘sche Obere Orangerie abgerissen werden müssen – sie steht bis heute. Wie auch die Hauptachse des Gartens ausgerichtet ist auf ihren Mittelbau, dessen Giebelfeld groß mit dem Wappen Wackerbarths geschmückt ist. August konzentrierte alle Kraft auf, wenn schon nicht Vollendung seines ‚Versailler‘ Gartens, so doch auf Abrundung, des schon Begonnenen in der kurzen Zeit bis zum Stiftungsfest des Adlerordens. Danach verlor August das Interesse am weiteren Ausbau, rückte auch von einem Neubau des Schlosses ab. Seine dem Land abgepressten Kassen waren strapaziert vom immensen Aufwand für Gartenbau in dafür denkbar ungeeigneten hügeligen Gelände. Quellen 60 Meter tief erforderten komplizierte, teure Wassertechnik. Umliegende Dörfer wurden mit Gespann- und Dienstbarkeiten ausgequetscht. Zeitweise 1200 Soldaten waren abkommandiert zur Erdarbeit - sprunghaft ansteigende Eintragungen „uneheliche Kindsgeburt“ in dortigen Kirchenbüchern belegen es. Als 1732 im Oberbauamt die Mappen sich schlossen, war etwa erst ein Sechstel der Planung zur Ausführung gelangt – aber viel Geld dafür verpulvert.
 
Der Barockgarten heute
      Den Zeitlauf spiegelnd überzog auch der Barockgarten Großsedlitz wechselvolles Geschick. Eine Überprägung erfuhr er aber nicht, Veränderungen kaum. Die etwa 18 Hektar große Anlage gilt heute als überragendes Beispiel für französische Gartenbaukunst in Sachsen; zählt zu den authentischsten Barockanlagen in Deutschland.

      Für die Pflege des Barockgarten sorgen zehn Gärtner dazu Praktikanten und Auszubildende. Einschließlich des Schlossbetriebs wendet die SBG jährlich 1,16 Millionen Euro, darin 0,3 für den Gartenbereich, dafür auf. Mit der 2013 begonnenen und 2017 abgeschlossenen Generalsanierung wurden Wasserspiel und –Technik auf neuesten Stand gebracht, Sandsteintreppen und -Elemente restauriert, 7700 Quadratmeter Wege mit Gelbsand eingeschlemmt und wetterbefestigt, 163 aus Stecklingen gezogene Linden gepflanzt und Weiteres mehr. Zu 3,8 Millionen Euro Kosten aus dem Etat Schlösser-Investition des Freistaat Sachsen.

      Das heutige Friedrichschlösschen, errichtet 1874 auf Grundmauern des Wackerbarthschen Schlosses - wurde renoviert, erhielt illusionistische Fassadenmalerei und eine Besucher-Einkehr eingerichtet. Die östliche der unteren Orangerien erhielt einen pflanzenfreundlichen Lehmboden. Dafür wurden weitere 445 Tausend Euro aufgewandt. Lediglich im Eingangsbereich sei noch mit einem Empfangsbau ein besucher- und personalfreundlicher Zustand herzustellen, so der Wunsch von Schlossleiterin Andrea Dietrich.

Schlösser und Gärten zu bauen war vor 300 Jahren schon aufwendig und teuer dem Souverän wie ihr Erhalt — heute auch —

Barockgarten Großsedlitz, Parkstraße 85, 01809 Heidenau. Geöffnet täglich 10 bis 18 Uhr

26/27. 
Mai 2018, 6. Sächsische Zitrus-Tage Kauf und Information

17. Juni 2018, 15 Uhr Orangeriekonzert

7/8. August 2018, 10 bis 21 Uhr Barockfest des Polnischen Adlerordens

www.barockgarten-grosssedlitz.de
www.baeumler-agentur.de


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